Endlich konnten wir starten. Wir verabschiedeten uns von Hans und Anna, mit denen wir uns den Container geteilt hatten und von Jan und Marieke. Ich konnte es kaum fassen, dass wir nach so langer Zeit endlich wieder «on the road» waren. Auch wenn es sehr schön war, mal auf dem Campo ein paar Wochen zu entspannen, war der Drang weiter zu fahren doch sehr groß, besonders bei mir.
Zuerst ging es an Montevideo vorbei Richtung Colonia del Sacramento. Nach einem kurzen Stopp bei Mercedes, nahe des Grenzüberganges bei Fray Bentos um alle frischen Vorräte aufzuessen (denn die sollte man wohl nicht mit über die Grenze nehmen) überquerten wir die Brücke über den Río Uruguay, den Grenzfluss zwischen Argentinien und Uruguay. An der Grenze wurden lediglich die Pässe und Fahrzeugpapiere kontrolliert. Uns war gar nicht bewusst, dass wir auch vom argentinischen Zoll kontrolliert wurden und schwupps, waren wir drüben. Ja so schnell kanns manchmal gehen.
Die erste Stadt nach der Grenze war Gualeguaychú. Ich kann mir den Namen bis heute nicht richtig merken. Dort versuchten wir direkt unser Glück, Bargeld bei Western Union zu beziehen. Dazu muss man wissen, dass es in Argentinien zwei Dollarkurse gibt. Den offiziellen Dollarkurs, der zum Zeitpunkt der Einreise bei ca. 1:180 lag und den sogenannten «Blue» Dollarkurs. Dieser lag zum Zeitpunkt der Einreise bei ca. 1:360. Über WU kann man bekanntlich Bargeld senden bzw. empfangen. Der Kurs den WU verwendet ist nahe an dem des Blue Dollar, sodass sich diese Option grundsätzlich lohnt und sehr sicher ist, da man auf keinen Fall Falschgeld bekommt. Einziges Problem teilweise: die WU Standorte existieren nicht (mehr), geben nur maximal 70.000 ARS aus oder haben aktuell gar kein Bargeld verfügbar. Wir hatten Glück und konnten so erstmal unsere Vorräte im nahe gelegenen Carrefour aufstocken.
Geradewegs auf Buenos Aires zuhaltend ging es weiter über eine eher mäßig gute Autobahn gen Süden. Irgendwie erinnerte mich diese Autobahn an die Autobahn in Polen vor 20 Jahren. Nur eben nochmal 20 Jahre länger in Betrieb. Aber wir kamen gut damit zurecht und steuerten erstmal einen kleinen Campingplatz in Villa Paranacito an. Sehr klein, grün und gemütlich. Zufällig sprach die Frau des Platzwartes sehr gut Deutsch und es ergab sich zudem, dass wir mit Jonathan noch impfen gehen konnten. In Uruguay war das aufgrund der immensen Bürokratie quasi unmöglich gewesen, hier wars sogar gratis und so wir spendeten wir dem Spital einen kleinen Beitrag.
Nach zwei Nächten fuhren wir weiter nach Buenos Aires, fest entschlossen, dort ein kleines Hotelzimmer zu nehmen und die Stadt etwas auszukundschaften obwohl uns bisher alle Argentinier, die wir getroffen haben absolut davon abrieten. Als wir in Campana waren, die Autobahn eine einzige Katastrophe und die Kinder so gar nicht in heißer Großstadtlaune waren, entschieden wir kurzerhand, direkt nach Süden weiter zu fahren. Es ging über wunderbar gute National- und Provinzstraßen bis in die Nacht hinein an einen riesigen See namens Laguna Tunas Grandes. Als wir ankamen war gefühlt keine Luft vorhanden, sondern nur Fliegetiere (zum Glück kaum Mücken). Kurz vor dem Bus aufs Klo war schon eine Herausforderung.
Am nächsten Morgen begrüßten uns Flamingos im See und viele andere Vögel, die dort nach Futter suchten. Pünktlich zum Mittagsschlaf ging es weiter Richtung Südwesten. Leider war der Mittagsschlaf eher kurz und so landeten wir mehr oder weniger zufällig in Uriburu. Dort gibt es eine Lagune, die durch eine salzige Quelle gespeist wird. Auf dem nahe gelegenen Camping Municipal und im Ort wurden wir von allen gefragt, was wir denn hier verloren hätten…scheinbar sind wir die ersten Ausländer, die nach Uriburu kommen. Aber es ist ein ganz schönes Örtchen mit dieser schönen Lagune und einer Bäckerei mir unglaublich guten Alfajores (Keksgebäck mit Dulce de Leche Füllung [Dulce de Leche ist karamellisierte Milch – lecker z.B. als Brotaufstrich] – unglaublich leckere Spezialität).
Auf unserem weiteren Weg gen Süden war das erste richtige Ziel die Halbinsel Valdés nahe Puerto Madryn. Wir steuerten auf Geheiß eines Insiders zuerst den Punta Ninfas direkt südlich der Halbinsel an. Hier hatten wir zwei atemberaubende Nächte. Die erste lernte uns direkt das Fürchten vor dem patagonischen Sturm und Regen. Am nahe gelegenen Leuchtturm konnte man die etwa 100 m hohe Steilküste bis an den Strand herabsteigen und dort ansässige Seeelefanten aus nächster Nähe erleben. Der Weg dorthin hatte allerdings auch seinen Preis, denn es war das erste wirkliche Stück Piste in Argentinien, von der wir vorher viel gelesen hatten und die eine Tortur für Mensch und Maschine sein sollte. Diese hier ging, aber nach 60 km pro Richtung ist man dann doch gut durchgeschüttelt. Anschließend wollten wir auf die Halbinsel fahren, um eventuell doch noch Wale oder Pinguine zu sehen. Leider wurde uns am «Eingang» in den Nationalpark gesagt, der einzige Campingplatz wäre voll aber es gab auch kein Internet oder Handyempfang um telefonisch etwas anderes zu organisieren. Also suchten wir uns in der Nähe ein wunderschönes Plätzchen nahe am Strand aber dennoch etwas windgeschützt.
Am nächsten Morgen fuhren wir nach Puerto Madryn zurück um nochmals einzukaufen und dann weiter Richtung Westen zu fahren. Allerdings verloren wir auf der Piste bis nach Puerto Madryn den Deckel unseres Wasserkanisters. Richtig clever. Wir fuhren also 30 km Piste wieder zurück in der Hoffnung ihn am Straßenrand irgendwo liegen zu sehen – Fehlanzeige. Notgedrungen steuerten wir direkt außerhalb der Stadt einen Platz in der Prärie an. Am kommenden Tag fragten wir in einer Ferretería (ähnlich wie ein kleiner Baumarkt), ob es irgendwo neue Kanister gäbe, denn unser Bundeswehr Kanister von 1976 hat keinen genormten Deckel, den man überall findet (wäre ja auch viel zu einfach). Daraufhin wurden wir von einer in die nächste Ferretería geschickt und landeten am Ende bei Felix in seiner Tornería, der uns aus einem Stück Nylon einen neuen Deckel drehte. Dieser ist jetzt viel besser als der Alte, hatte aber auch einen Preis von schlappen 9000 ARS (entspricht ca. 25€ nach Blue Dollarkurs). Da wieder alles in Ordnung war konnte es frohen Mutes weiter gehen – nach Westen Richtung den Anden.
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