Unser Weg gen Süden führte uns weiter auf der legendären Ruta 40 – legendär? So richtig klar wurde uns das nicht, wobei sie jetzt etwas abwechslungsreicher wurde. Aber warum es für so viele Reisende (wohlgemerkt auch mit dem Fahrrad!!!) ein Traum ist diese Straße mal zu fahren, erschließt sich mir bis heute nicht. Wir fuhren jedenfalls zuerst nach Gobernador Gregores um nochmal Benzin, Wasser und Lebensmittel aufgefüllt um dann weiter bis nach Chile zu fahren. Kurz vor dem Grenzübergang Don Guillermo gibt es nochmal eine kleine Tankstelle, viel teurer als die sonstigen, wo wir ein letztes Mal volltankten. Dann ging es bei wiedermal unglaublich starkem Westwind zur Grenze.
Dort musste ich schauen, dass mir nicht die Dokumente auf dem Weg zum Bürogebäude wegfliegen. Der argentinische Grenzposten war schnell erledigt und es ging weiter zum Chilenischen Grenzposten, der ein paar km weiter ist. Genau an der Grenze hörte auf einmal die mittelmäßige Schotterpiste auf und eine neue perfekte Betonstraße mit leuchtend gelben Linien begann. Die chilenischen Grenzbeamten waren nicht ganz so tranquillo wie die Argentinier. Und wir mussten auch unsere Lebensmittel vorzeigen, denn die Kontrollen der Chilenen sind recht streng. Kein Obst, kein Gemüse, kein Fleisch, kein Honig, also einfach nichts Frisches.
In Cerro Castillo an der Grenze war es mittlerweile maximal ungemütlich. Sturm und waagerechter Regen bei 5°C. Im einzigen Supermarkt auf dem Weg zu den Torres del Paine gab es eigentlich nichts, was wir hätte gebrauchen können. Kein Obst, kein Gemüse, nur Kekse, Chips, Bier und Konserven. So fuhren wir weiter bis zur Estancia Serrano am Río Serrano direkt südlich des Nationalparks. Wir fanden einen wunderschönen Stellplatz auf Empfehlung der Vierim4x4 mit theoretisch optimalen Blick auf die Torres. Doch es war weiterhin stürmisch, regnerisch und kalt. Mal eine Nacht ohne Aufstelldach und Nachtruhe auf dem Beifahrersitz in Liegeposition.
Doch am nächsten Morgen riss es immer mehr auf und auf einmal warne sie da. Auch die Torres del Paine sind imposante Granittürme und können es sicherlich mit Fitz Roy, Cerro Torre und co aufnehmen, doch für mich sind die Berge in Chaltén noch bezaubernder. Nach einem kurzen Frühstück und ein wenig Offroad zurück zur Straße ging es dann nach Puerto Natales, zusammen mit Enrique, einem Gaucho, der immer ein paar Tage im Nationalpark arbeitet, aber in Puerto Natales lebt. In Puerto Natales konnten wir endlich wieder Früchte kaufen, doch das Angebot war auch hier mäßig – allerdings besser als nichts. Die Nacht verbrachen wir noch eine Stunde südlich von Puerto Natales am Río Rubens, ein traumhafter Ort an einem naturbelassenen Fluss am Ende der Straße und noch ein wenig weiter. Entsprechend ruhig war auch die Nacht umgeben von märchenhaften Südbuchen.
Am nächsten Tag erreichten wir am Nachmittag Punta Arenas. Wir hatten ein Hostel gebucht, denn es gab ein paar Dinge zu erledigen und wir erhofften uns am Morgen weniger zusammen packen zu müssen. Das Hostel war mäßig, erfüllte aber vollkommen unsere Bedürfnisse. Am Tag darauf fuhren wir am Morgen (schon gegen 10 Uhr !!!) in die Zona Franca, eine Freihandelszone, für die Punta Arenas unter anderem bekannt ist. Hier ist der einzig sinnvolle Ort im Süden Südamerikas, um neue Reifen zu kaufen. Unsere guten alten BFGoodrichs hatten zwar noch 6 mm Profiltiefe, allerdings wäre die nächste günstige Gelegenheit für neue Schuhe in Paraguay gewesen. Bis dahin hätten wir dann jede Piste gemieden um nicht doch einen Platten zu riskieren oder hätten irgendwo dazwischen für sehr viel Geld neue Reifen kaufen müssen. Wir entschieden uns für Maxxis 980 Bravo ATs, da es erstens die BFGoodrich nicht in unserer Größe gab und ich zweitens sehr gute Rezensionen zu den Maxxis gefunden habe. Wir konnten sie direkt am Nachmittag aufziehen lassen und fanden zufällig an einer anderen Werkstatt, der wir unsere alten Reifen für einen schmalen Taler geben wollten noch einen glücklichen Abnehmer. Der Taler war wirklich schmal aber primär ging es ja darum, dass sie nicht entsorgt werden.
Am Abend gab es dann eine böse Überraschung: Julianes Fairphone quittierte den Dienst, genauer gesagt, es lud nicht mehr und es konnten auch keine Daten per Kabel mehr auf den Computer übertragen werden. Nach einigen Versuchen einer Datensicherung und Wiederherstellungen bis spät in die Nacht war klar, dass ein neues Handy her muss. Also am nächsten Tag wieder zur Zona Franca und ein Telefon kaufen. Das klappte hervorragend und relativ schnell. Im Hostel lernten wir Anne und Jan kennen, zufällig aus Dresden und sie zufällig auch Physiotherapeutin, wie Juliane. Wir boten ihnen an, mit uns nach Norden mit zu fahren und am Río Rubens zu übernachten.
Einige werden sich jetzt fragen, warum wir nicht noch weiter in den Süden gefahren sind. Nun ja, wir merkten relativ schnell, dass das Wetter in Patagonien sehr schön sein kann aber auch sehr schlecht. Und je mehr wir uns dem Ende des Sommers nähern, umso kühler wird es auch. Für uns kein Problem, aber mit den Kindern macht das dann wenig Spaß. Klar, es kann auch im Hochsommer bei 2°C schneien aber die Wahrscheinlichkeit ist geringer und die Sonne wärmt extrem sobald sie da ist. Also entschieden wir uns gegen Feuerland und für eine frühere Reise wieder in den Norden. Und vielleicht holen wir ja die Vierim4x4 noch irgendwo auf der Carretera Austral ein, wer weiß…
Die Zwei Tage mit Anne und Jan waren sehr schön, entspannt und angenehm mal mit jemandem anderen zu sprechen und sich auszutauschen. Da wir in Punta Arenas das erste Mal in einem Hostel waren und auch sonst wenig Reisende getroffen haben, blieb (zum Glück) der allabendliche Hosteltalk aus. Doch von Zeit zu Zeit ist es dann doch ganz schön. In Puerto Natales trennten sich unsere Wege wieder, sie fuhren in die Torres del Paine und wir wieder nach Norden, nach Argentinien.
Comments